Inklusion bei ADHS im Erwachsenenalter im Berufsleben. Wo liegen hier Potentiale – vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels.
Inklusion bei ADHS im Erwachsenenalter im Berufsleben. Wo liegen hier noch Potentiale – vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels. Darum geht es in diesem Blogpost für eine Kaffeelänge. Ich verwende auf Grund der einfacheren Lesbarkeit bei der Bezeichnung von Personen und personenbezogenen Hauptwörtern die männliche Form, was keine Wertung darstellt. Ich spreche im Sinne der Gleichbehandlung mit dieser verkürzten Sprachform grundsätzlich alle Geschlechter an. Viel Freude beim Lesen! Neurodiversität / ADHS gehört auf jede Agenda für Diversität & Inklusion von Arbeitgebern ADHS bei Erwachsenen ist unter Arbeitgebern heute leider noch überwiegend unbekannt. Erfreulicherweise gehen mehr und mehr Unternehmen dazu über, sich Diversität und Inklusion auf die Fahne zu schreiben und dies idealerweise auch intern zu leben. Jedoch wäre es wünschenswert, dass im Rahmen dieser zunehmenden Aktivitäten vieler Unternehmen auch ADHS als Teil des Spektrums an neurodiversen Störungen berücksichtigt wird. Dies gilt natürlich ebenso für die anderen Störungen des Spektrums wie beispielsweise Autismus, Dyskalkulie, Legasthenie und Dyspraxie. Was bedeutet Neurodiversität und Neurodivergenz? Neurodiversität stellt die Diversität bezüglich individueller Funktionen des Gehirns und Verhaltensmerkmalen dar. ADHS ist neben genetischen, Umwelt- und perinatalen Faktoren vor allem eine Stoffwechselstörung im Frontalhirn. Betroffene haben ein anderes „Betriebssystem“, ihr Gehirn arbeitet neurodivergent und nicht neurotypisch. Es herrscht hier ein komplexes Ungleichgewicht an verschiedenen Neurotransmittern wie Dopamin, Noradrenalin und Serotonin. Ein wesentlicher Unterschied, vor allem im Dopaminsystem von Menschen mit ADHS im Vergleich zu neurotypischen Menschen, liegt vermutlich in der Art und Weise, dass Dopamin zu schnell abgebaut wird. ADHSler verfügen so über zu wenig Dopamin im Gehirn, das die Aufmerksamkeitssteuerung, Motivation, Stimmungslabiliät und Konzentration regelt. Dies führt dazu, dass sie im Gegensatz zu neurotypischen Menschen Schwierigkeiten haben, Belohnungen und Anreize als motivierend zu empfinden, was sich wiederum auf ihre Motivation und ihre Aufmerksamkeit auswirkt. Während neurotypische Menschen in der Lage sind, durch alltägliche Aktivitäten eine ausreichende Dopaminfreisetzung zu erfahren, benötigen ADHSler häufig stärkere Reize oder besondere, ganz individuelle Umstände, um ähnliche Belohnungsgefühle zu erleben. Diese Unterschiede im Neurotransmittersystem im Gehirn tragen dazu bei, dass ADHSler oft (emotional) impulsiver, unaufmerksamer oder auch kreativer in ihren Denkprozessen sind, was die Vielfalt menschlicher Erfahrungen und Perspektiven bereichert. Denn Neurodiversität macht genau wie das Geschlecht, die sexuelle Orientierung, die Ethnie oder Behinderungen den sozialen Facettenreichtum der menschlichen Bevölkerung aus. Potentiale für mehr Awareness bei Arbeitgebern für ein inklusives Arbeitsumfeld bei Neurodivergenz / ADHS Die Förderung von Diversität und Inklusion in Unternehmen möchte die Stärken ihrer Angestellten und ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten und soziale Vielfalt nutzen, um den Unternehmenserfolg optimal voran zu treiben. Dass heterogen zusammengesetzte Teams bessere Erfolge erzielen als homogene Teams unterstreichen schon seit langem wissenschaftliche Untersuchungen. Sie profitieren von ihrer Fülle an kreativen Ideen und Perspektiven beim Lösen von Problemen (Workwise GmbH, o. J.a.). Es ist mir, als vor 10 Jahren spätdiagnostizierte ADHSlerin mit milder Symptomatik, auf Grund meines eigenen (Um)weges und meiner fast 20-jährigen hauptberuflichen Tätigkeit als Key Account Managerin in der Konsumgüterbranche ein absolutes Herzensthema, das Thema ADHS im Erwachsenenalter in der Gesellschaft und auch bei Arbeitgebern bewusster zu machen, und erschwingliche Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. Man findet mich dazu auch auf LinkedIn und Instagram. Denn ADHSler finden sich oftmals in Arbeitsumgebungen wieder, die für ihre spezielle Art zu sein noch kein Verständnis zeigen. Daher verschweigen viele auch ihre ADHS am Arbeitsplatz. Dies kann sie auf Dauer jedoch krank machen. Wünschenswert wäre es hingegen, dass Arbeitgeber achtsam dazu beitragen, die Stärken der Betroffenen durch ein inklusives Arbeitsumfeld und einen emphatischen Führungsstil, sowie ein vertrauensvolles Miteinander unter Kollegen bestmöglich zu fördern. Auf keinen Fall sollte dies bei Betroffenen jedoch Druck erzeugen, dass sie dann, da ihre ADHS transparent bekannt ist, erst recht beweisen müssen, dass sie trotz ihrer Symptomatik gute Arbeit leisten (Neuy-Bartmann, 2019). Viele Betroffene befürchten bei solch einer Transparenz jedoch – leider oft immer noch zurecht – Stigmatisierung und negative Beurteilungen ihres Arbeitsumfelds, sowie sich so ihre Karriere zu ruinieren, weil ihnen dann nichts mehr zugetraut wird (Hoffmeyer, 2021). Faktisch jedoch können ADHSler sehr wichtige Mitarbeiter sein, da sie sich sehr für Themen begeistern können. Ist dies der Fall und haben sie ihre Passion in ihrer Arbeit gefunden, so sind sie oft sehr viel produktiver, fokussierter, sorgfältiger und schneller, beziehungsweise je nach Arbeitsfeld auch besonders kreativ, innovativ und voller Ideen gegenüber anderen Kollegen, wenn sie viele Stunden lang hochkonzentriert im Hyperfokus arbeiten, ihrer absoluten ADHS Superpower. In diesem extrem fokussierten Zustand blenden sie alles um sich herum aus. Als ADHSler liefert man also ganz und gar nicht permanent eine unzureichende Arbeitsleistung oder wird arbeitsunfähig. Im Gegenteil: Viele Betroffene findet man auch in extremen Hochleistungsjobs, oder sie entwicklen sich zu absoluten Fachleuten auf einem speziellen Fachgebiet und erarbeiten hier neue, innovative Erkenntnisse (Gelowicz, 2022). Gehirne von ADHSlern haben ein anderes Betriebssystem was entsprechende Arbeitsplatzanpassungen benötigt Besonders kreative Ideen bekommen Betroffene z.B. häufig, wenn sie nicht hochfokussiert an etwas arbeiten, sondern beispielsweise in der Warteschlange beim Supermarkt oder beim Bahnfahren oder Radfahren. Und wenn etwas sie einmal überzeugt hat, dann vertreten sie ihre Ideale geradezu altruistisch. Für ADHSler ist es jedoch häufig eine Herausforderung, sich in ihrem Dauerfeuerwerk an Ideen nicht völlig im kleinsten Detail zu verrennen, sondern sich auf die wirklich wichtigen Hebel bei ihrer Arbeit zu konzentrieren, diese zu priorisieren und bis zum Ziel konsequent umzusetzen. Wenn sie sich jedoch einmal ein nachhaltiges Selbst- und Stressmangement für sich und ihre ADHS etablieren, das ihnen mehr Lebensqualität schenkt und dazu führt, dass sie ihre Power kanalisieren und Realität werden lassen, dann können sie es im Leben weit bringen. Dazu ist es essentiell, dass sie einen Job für sich finden, für den Sie vor Begeisterung wirklich brennen (Neuy-Bartmann, 2019). Ebenso essentiell ist es, dazu eine Arbeitsumgebung vorzufinden, in der sie ihre Potentiale voll entfalten können. Und diese sieht für jeden Betroffenen individuell anders aus. Gerade durch ihre spezielle Art zu sein glänzen sie abgesehen von den bekannten Schwächen durch ihre Symptome auch durch ganz besondere Stärken und Talente, von denen Arbeitgeber profitieren können. ADHSler finden sich häufig in kreativen Berufen wie in den (neuen) Medien, als Journalist, in der Werbebranche oder im Designbereich.