Inklusion bei ADHS im Erwachsenenalter im Berufsleben. Wo liegen hier noch Potentiale – vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels. Darum geht es in diesem Blogpost für eine Kaffeelänge.
Ich verwende auf Grund der einfacheren Lesbarkeit bei der Bezeichnung von Personen und personenbezogenen Hauptwörtern die männliche Form, was keine Wertung darstellt. Ich spreche im Sinne der Gleichbehandlung mit dieser verkürzten Sprachform grundsätzlich alle Geschlechter an.
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Neurodiversität / ADHS gehört auf jede Agenda für Diversität & Inklusion von Arbeitgebern
ADHS bei Erwachsenen ist unter Arbeitgebern heute leider noch überwiegend unbekannt. Erfreulicherweise gehen mehr und mehr Unternehmen dazu über, sich Diversität und Inklusion auf die Fahne zu schreiben und dies idealerweise auch intern zu leben. Jedoch wäre es wünschenswert, dass im Rahmen dieser zunehmenden Aktivitäten vieler Unternehmen auch ADHS als Teil des Spektrums an neurodiversen Störungen berücksichtigt wird. Dies gilt natürlich ebenso für die anderen Störungen des Spektrums wie beispielsweise Autismus, Dyskalkulie, Legasthenie und Dyspraxie.
Was bedeutet Neurodiversität und Neurodivergenz?
Neurodiversität stellt die Diversität bezüglich individueller Funktionen des Gehirns und Verhaltensmerkmalen dar. ADHS ist neben genetischen, Umwelt- und perinatalen Faktoren vor allem eine Stoffwechselstörung im Frontalhirn. Betroffene haben ein anderes „Betriebssystem“, ihr Gehirn arbeitet neurodivergent und nicht neurotypisch. Es herrscht hier ein komplexes Ungleichgewicht an verschiedenen Neurotransmittern wie Dopamin, Noradrenalin und Serotonin. Ein wesentlicher Unterschied, vor allem im Dopaminsystem von Menschen mit ADHS im Vergleich zu neurotypischen Menschen, liegt vermutlich in der Art und Weise, dass Dopamin zu schnell abgebaut wird. ADHSler verfügen so über zu wenig Dopamin im Gehirn, das die Aufmerksamkeitssteuerung, Motivation, Stimmungslabiliät und Konzentration regelt.
Dies führt dazu, dass sie im Gegensatz zu neurotypischen Menschen Schwierigkeiten haben, Belohnungen und Anreize als motivierend zu empfinden, was sich wiederum auf ihre Motivation und ihre Aufmerksamkeit auswirkt. Während neurotypische Menschen in der Lage sind, durch alltägliche Aktivitäten eine ausreichende Dopaminfreisetzung zu erfahren, benötigen ADHSler häufig stärkere Reize oder besondere, ganz individuelle Umstände, um ähnliche Belohnungsgefühle zu erleben.
Diese Unterschiede im Neurotransmittersystem im Gehirn tragen dazu bei, dass ADHSler oft (emotional) impulsiver, unaufmerksamer oder auch kreativer in ihren Denkprozessen sind, was die Vielfalt menschlicher Erfahrungen und Perspektiven bereichert. Denn Neurodiversität macht genau wie das Geschlecht, die sexuelle Orientierung, die Ethnie oder Behinderungen den sozialen Facettenreichtum der menschlichen Bevölkerung aus.
Potentiale für mehr Awareness bei Arbeitgebern für ein inklusives Arbeitsumfeld bei Neurodivergenz / ADHS
Die Förderung von Diversität und Inklusion in Unternehmen möchte die Stärken ihrer Angestellten und ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten und soziale Vielfalt nutzen, um den Unternehmenserfolg optimal voran zu treiben. Dass heterogen zusammengesetzte Teams bessere Erfolge erzielen als homogene Teams unterstreichen schon seit langem wissenschaftliche Untersuchungen. Sie profitieren von ihrer Fülle an kreativen Ideen und Perspektiven beim Lösen von Problemen (Workwise GmbH, o. J.a.).
Es ist mir, als vor 10 Jahren spätdiagnostizierte ADHSlerin mit milder Symptomatik, auf Grund meines eigenen (Um)weges und meiner fast 20-jährigen hauptberuflichen Tätigkeit als Key Account Managerin in der Konsumgüterbranche ein absolutes Herzensthema, das Thema ADHS im Erwachsenenalter in der Gesellschaft und auch bei Arbeitgebern bewusster zu machen, und erschwingliche Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. Man findet mich dazu auch auf LinkedIn und Instagram.
Denn ADHSler finden sich oftmals in Arbeitsumgebungen wieder, die für ihre spezielle Art zu sein noch kein Verständnis zeigen. Daher verschweigen viele auch ihre ADHS am Arbeitsplatz. Dies kann sie auf Dauer jedoch krank machen. Wünschenswert wäre es hingegen, dass Arbeitgeber achtsam dazu beitragen, die Stärken der Betroffenen durch ein inklusives Arbeitsumfeld und einen emphatischen Führungsstil, sowie ein vertrauensvolles Miteinander unter Kollegen bestmöglich zu fördern.
Auf keinen Fall sollte dies bei Betroffenen jedoch Druck erzeugen, dass sie dann, da ihre ADHS transparent bekannt ist, erst recht beweisen müssen, dass sie trotz ihrer Symptomatik gute Arbeit leisten (Neuy-Bartmann, 2019). Viele Betroffene befürchten bei solch einer Transparenz jedoch – leider oft immer noch zurecht – Stigmatisierung und negative Beurteilungen ihres Arbeitsumfelds, sowie sich so ihre Karriere zu ruinieren, weil ihnen dann nichts mehr zugetraut wird (Hoffmeyer, 2021).
Faktisch jedoch können ADHSler sehr wichtige Mitarbeiter sein, da sie sich sehr für Themen begeistern können. Ist dies der Fall und haben sie ihre Passion in ihrer Arbeit gefunden, so sind sie oft sehr viel produktiver, fokussierter, sorgfältiger und schneller, beziehungsweise je nach Arbeitsfeld auch besonders kreativ, innovativ und voller Ideen gegenüber anderen Kollegen, wenn sie viele Stunden lang hochkonzentriert im Hyperfokus arbeiten, ihrer absoluten ADHS Superpower.
In diesem extrem fokussierten Zustand blenden sie alles um sich herum aus. Als ADHSler liefert man also ganz und gar nicht permanent eine unzureichende Arbeitsleistung oder wird arbeitsunfähig. Im Gegenteil: Viele Betroffene findet man auch in extremen Hochleistungsjobs, oder sie entwicklen sich zu absoluten Fachleuten auf einem speziellen Fachgebiet und erarbeiten hier neue, innovative Erkenntnisse (Gelowicz, 2022).
Gehirne von ADHSlern haben ein anderes Betriebssystem was entsprechende Arbeitsplatzanpassungen benötigt
Besonders kreative Ideen bekommen Betroffene z.B. häufig, wenn sie nicht hochfokussiert an etwas arbeiten, sondern beispielsweise in der Warteschlange beim Supermarkt oder beim Bahnfahren oder Radfahren. Und wenn etwas sie einmal überzeugt hat, dann vertreten sie ihre Ideale geradezu altruistisch. Für ADHSler ist es jedoch häufig eine Herausforderung, sich in ihrem Dauerfeuerwerk an Ideen nicht völlig im kleinsten Detail zu verrennen, sondern sich auf die wirklich wichtigen Hebel bei ihrer Arbeit zu konzentrieren, diese zu priorisieren und bis zum Ziel konsequent umzusetzen.
Wenn sie sich jedoch einmal ein nachhaltiges Selbst- und Stressmangement für sich und ihre ADHS etablieren, das ihnen mehr Lebensqualität schenkt und dazu führt, dass sie ihre Power kanalisieren und Realität werden lassen, dann können sie es im Leben weit bringen. Dazu ist es essentiell, dass sie einen Job für sich finden, für den Sie vor Begeisterung wirklich brennen (Neuy-Bartmann, 2019). Ebenso essentiell ist es, dazu eine Arbeitsumgebung vorzufinden, in der sie ihre Potentiale voll entfalten können. Und diese sieht für jeden Betroffenen individuell anders aus.
Gerade durch ihre spezielle Art zu sein glänzen sie abgesehen von den bekannten Schwächen durch ihre Symptome auch durch ganz besondere Stärken und Talente, von denen Arbeitgeber profitieren können. ADHSler finden sich häufig in kreativen Berufen wie in den (neuen) Medien, als Journalist, in der Werbebranche oder im Designbereich. Doch auch in der Forschung, Gestaltung wie zum Beispiel Raumausstatter, im Pflegebereich, in Behörden, der Industrie, im Handwerk oder der Wirtschaft sind ADHS Betroffene erfolgreich tätig. Ebenfalls attraktiv sind Tätigkeiten bei dem viel Bewegung im Spiel ist, wie als Fitness Trainer oder Gärtner (Ratgeber ADHS, o. J.a.).
Was kann man als empathischer Arbeitgeber hier tun, auch gänzlich ohne offizielle Diversitäts & Inklusions Agenda? Zunächst einmal generell für alle Mitarbeiter eine wertschätzende, vertrauensvolle Unternehmenskultur zwischen Vorgesetzten, Mitarbeitern und der Personalabteilung etablieren. Davon profitieren alle. Nur so kann man sich als ADHSler wirklich öffnen und auf Augenhöhe seine Bedürfnisse für etwaige flexible Arbeitsplatzanpassungen überhaupt mitteilen – ohne dass man als querulantisch oder egozentrisch wahrgenommen wird.
Denn offen mit seiner ADHS umzugehen und für seine Bedürfnisse und seine Gesundheit einzustehen ist für viele Betroffene schon ein riesen Schritt der extrem viel Kraft kostet. Und dieser hat nichts, und auch gar nichts mit Egozentrik zu tun, sondern mit Selbstfürsorge und Selbstschutz.
Eine solche Unternehmenskultur kann dann den Grundstein für eine wertschätzende, bedürfnisorientierte Feedbackkultur legen, in der Betroffene und auch ihr Umfeld gemeinsam wachsen können. Denn jeder ADHSler tickt anders und hat andere Bedürfnisse und Grenzen. Und auch sein neurotypisches Umfeld hat eigene Bedürfnisse und klare Grenzen. Hier immer wieder einen gemeinsamen Konsens mit Lösungen zu finden ist wichtig für das Team-Klima und den Erfolg bei der Arbeit für den Arbeitgeber.
Darüber hinaus ist es wichtig, individuelle Arbeitsplatzanpassungen zu ermöglichen, wie z.B. flexible Arbeitszeiten, Home Office oder Ruhearbeitszonen, und auch gutes Equipment wie Noise Cancelling Kopfhörer. Denn einige ADHSler sind produktiver im Büro durch Body Doubling, oder bei der Arbeit konzentrierter mit Hintergrundgeräuschen wie Radio, andere hingegen kommen nur im Home Office in Ihre volle Konzentration und ihren (Hyper-)Fokus. Jeder Betroffene hat hier andere Bedürfnisse
Auch ist es als Arbeitgeber aus meiner Sicht wichtig, transparent gegenüber neurotypischen Kollegen damit umzugehen, warum diese flexiblen Arbeitsplatzanpassungen ggf. nicht für alle Mitarbeiter möglich sind, damit Verständnis entstehen kann statt Neid und Unzufriedenheit. Denn von jemandem im Rollstuhl würden neurotypische Kollegen wohl auch nicht verlangen, die Treppe ins Büro im 2. Stock hoch zu klettern, sondern für sie wäre es völlig ok, wenn derjenige den Aufzug nimmt. ADHS sieht man jedoch leider nicht und Betroffene sind häufig lange sehr gut im Maskieren der Symptome gewesen. Hier ist noch mehr Erklärungsbedarf notwendig für gelebte emphatische Inklusion.
Vorträge oder Schulungen zu ADHS bzw. Neurodivergenz können hier wichtiges Verständnis schaffen für ein inklusives Miteinander. Auch Artikel im Intranet oder in Mitarbeiterzeitungen zum Thema Diversität und Inklusion und so auch ADHS/Neurodiversität können aufklären und Verständnis schaffen.
Doch um dies überhaupt im Unternehmen zu implementieren bedarf es zunächst top down auf der Ebene Geschäftsführung, Personalabteilung und Management Team ein gutes Verständnis für Neurodivergenz / ADHS zu entwickeln. Und generell sind Führungskräftetrainings wichtig, nicht nur um empatisch mit Mitarbeitern mit ADHS umzugehen, sondern generell für das Klima im Unternehmen. Insbesondere in Zeiten von Fachkräftemangel sollte es aktuell mehr und mehr ein Bestreben sein für Arbeitgeber, ihre besten Mitarbeiter durch eine solch attraktive Unternehmens- und Führungskultur langfristig zu halten.
Viele ADHSler sind auch erfolgreiche selbständige Unternehmer
Da ADHSler bereit sind, Neues zu versuchen, sie risikobereit sind und leidenschaftlich und beharrlich an etwas arbeiten was sie brennend interessiert, begünstigt dies auch wichtige unternehmerische Eigenschaften für eine potentielle eigene Selbständigkeit. Denn besonders in der Aufbauphase bleibt ein Betroffener gerade deswegen konsequent dran und entwickelt sein Unternehmen weiter. Er handelt so stärkebasiert und düst wie ein Pinguin durchs Wasser, weil er dort genau in seinem Element ist. Laut wissenschaftlicher Untersuchungen sind Unternehmer in der Tat überdurchschnittlich oft von ADHS betroffen. In einer Studie aus den Niederlanden sind es 20,7% von 164 Unternehmern die betroffen sind (Hatak et al, 2021).
Unternehmer mit ADHS handeln beim Treffen von Entscheidungen oft intuitiv im Vergleich zu Unternehmern ohne ADHS, da es sich für sie richtig anfühlt, selbst wenn so das anvisierte Ergebnis nicht immer erreicht wird. Dies hat den Vorteil, dass sie in plötzlichen Krisensituationen frei von Angst und Befürchtungen agieren, um Probleme zu lösen. Zudem ist ihre absolute ADHS Superpower ihr bereits genannter Hyperfokus. Durch ihre Begeisterung für Ihre unternehmerische Tätigkeit arbeiten Sie so in einem flowartige Zustand oft sehr lange Zeitabschnitte wie Wochen oder Monate mit sehr hoher Konzentration und Effizienz abgetunnelt an einem Thema. Durch dieses sehr hohe Level an Aktivität erarbeiteten sie sich häufig mit großer Leidenschaft ein hohes Fachwissen und somit als Experte für ein Thema einen deutlichen Wettbewerbsvorteil.
Die Krux ist, dass dieses hohe Energielevel nicht konstant stabil gehalten werden kann bei ADHS. Hier spielt dem Betroffenen die Selbständigkeit positiv in die Karten, denn so haben sie ihre Arbeitszeiten selber in der Hand und können diese gezielt einteilen und sich so ganz nach Bedarf Erholungszeiten gönnen (Wiklund, J. et al, 2016). Daher sind auch für Angestellte die oben genannten flexiblen Arbeitsbedingungen so essentiell wichtig.
Vorreiter in der Wirtschaft für DE&I zum Thema Neurodiversität
Es gibt in der Wirtschaft erfreulicherweise bereits Unternehmen, die im Bereich von Diversität und Inklusion beispielhaft voran gehen für das Thema Neurodiversität. Dies sind z.B. Vattenfall (Vattenfall GmbH, o. J.a.), SAP, Hewlett Packard Enterprise (HPE), Microsoft, Willis Towers Watson, Ford, Ernst & Young, Caterpillar, Dell Technologies, Deloitte, IBM und J. P. Morgan Chase.
Zum Beispiel wurden hier Prozessabläufe im Bereich Personal und Recruiting verändert und Infomeetings und teilweise auch Schulungen für Führungskräfte und Angestellte angeboten. So soll der Arbeitgeber in die externe Richtung für neurodivergente Bewerber zugänglicher werden und intern darüber aufklären und Verständnis geschafft werden, wie ein inklusives Arbeitsumfeld für neurodivergente Mitarbeiter mit beispielsweise ADHS oder Autimus bestmöglich gestaltet werden kann (manager magazin, 2021). Das Beratungsunternehmen EY hat beispielsweise das Neurodiversity Center of Excellence initiiert mit dem Ziel Bewerber aus dem Autismus-Spektrum gezielt für sich zu gewinnen und zu schulen und intern die Innovationskraft von EY, die Management Kompetenzen im Bereich Führung und eine inklusive Arbeitshaltung zu fördern (Akin, 2021).
Ich selber arbeite Vollzeit in der Konsumgüterbranche im Key Account Management / Vertrieb. Hier ist Neuroinklusion leider noch kaum präsent im Rahmen von Diversity, Equity und Inclusion (DE&I). Erfreulicherweise fand am 9. Oktober 2024 der erste DE&I Summit für Industrie und Handel in Berlin statt. Gemeinsam ins Handeln kommen stand auf der Agenda. Unter der Headline „Wo stehen wir 2024 bei Diversität, Chancengleichheit und einer inklusiven Unternehmenskultur in Industrie und Handel?“ haben Mars, ALDI SÜD und ACI Consulting zum ersten Mal führende Unternehmen vereint, um zusammen über DE&I-Initiativen zu diskutieren (Aldi Süd, 2024). Es wäre wünschenswert, dass Neurodiversität und Neuroinklusion zeitnah auch in der FMCG (Fast Moving Consumer Goods) Branche einen festen Platz in DE&I Agenden erhält.
Denn es arbeiten vermutlich besonders in unserer sehr schnelllebigen Branche viele (noch unerkannte) ADHSler. Es heißt nicht umsonst „fast moving“. Diese Schnelllebigkeit setzt immer wieder viel Dopain frei was wir ADHSler ja so sehr lieben und brauchen. Viele haben vermutlich nicht selten eine Kombination mit einer hohen Intelligenz, so dass sie ihre Symptomatik jahrelang vielleicht gut haben maskieren können für ihre Karriere.
Dies kann jedoch auf die Dauer in eine Erschöpfungsspirale führen, so krank machen und zu Ängsten, Depressionen oder einem Burn Out führen. Dabei genügen bei einer milden bis mittelschweren ADHS Symptomatik oft nur wenige flexible Arbeitsplatzanpassungen und gezieltes Selbst- und Stressmanagement-Coaching, damit wir ADHSler unsere volle Arbeitsleistung auch dauerhaft und gesund für das Unternehmen geben können.
Ich selber habe bei Mars damals nach dem Studium mein Sales Trainee Programm absolviert (damals wußte ich noch nichts von meiner ADHS) und bin als Ex-Marsianierin heute richtig stolz, dass das Unternehmen hier einer der Vorreiter für DE&I ist in der FMCG Branche.
Potentiale für mehr Inklusion von ADHSlern für Arbeitgeber
Wünschenswert wäre, dass das oben genannte bereits gelebte DE&I Engagement für Neuroinklusion auch andere Arbeitgeber inspiriert und als Beispiel dient. Doch auch ohne offizielle DE&I Agenda im Unternehmen kann bereits ein gutes Vertrauensverhältnis mit Vorgesetzten und der Personalabteilung hilfreich sein, wenn diese inklusiv, empathisch und wertschätzend eingestellt sind.
Denn ADHS im Erwachsenenalter sollte als neurodiverse Störung, sowie auch Neurodivergenz generell, auf eine wirklich inklusive Haltung bei Arbeitgebern treffen. Deren DE&I Engagement sollte nicht nur in die externe Richtung als Teil des Employer Brandings glänzen, sondern Inklusion für Betroffene wirklich auch intern gelebt werden durch eine wie oben genannte gesunde Feedbackkultur und wenn nötig individuelle Arbeitsplatzanpassungen. Als neurodivergenter Mitarbeiter sollte man sich in einer wertschätzenden Arbeitsumgebung wiederfinden und öffnen können, ohne vor stigmatisierendem Verhalten der Personalabteilung, den eigenen Führungskräften oder Kollegen Angst haben zu müssen.
Dies ist leider noch viel zu wenig der Fall. Wir stehen hier aus meiner persönlichen Sicht noch ganz am Anfang für die Inklusion von ADHS im Arbeitsleben. Es geben selbst aktuell einzelne Experten auf dem Gebiet der ADHS noch die Empfehlung, eben nicht von Beginn an bei seinem Arbeitgeber sein ADHS transparent zu machen, um Benachteiligung oder Stigmatisierung zu vermeiden (Hoffmeyer, 2021).
Aus meiner Sicht darf und kann das nicht sein. Ich selber kenne auch Betroffene die ihre ADHS als Angestellte oder Selbständige daher niemals öffentlich machen würden, jedoch einen enormen Leidensdruck durch eine für sie unpassende Arbeitsumgebungen haben.
Und genau deswegen engagiere ich mich für das Thema Diversität und Inklusion bei ADHS im Erwachsenenalter. Es darf sich hier zeitnah etwas ändern. Und wie oben bereits angesprochen: auch gerade in Zeiten von Fachkräftemangel sollte es für Arbeitgeber noch motivierender sein, gute Fachkräfte mit ADHS an sich zu binden und ihnen genau die flexiblen Arbeitsumgebungen zu ermöglichen, um optimal arbeiten zu können, und so für den Arbeitgeber die bestmöglichen Ergebnisse zu liefern.
Und genau dafür möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bei meinem aktuellen Arbeitgeber, der Ludwig Schokolade bzw. Krüger Gruppe, bedanken. Denn in unserer FMCG Branche ist das (noch) nicht selbstverständlich.
Wie sind Deine Erfahrungen mit ADHS im Berufsleben?
Aus meiner eigenen Erfahrung muss ich sagen: man steht als Betroffener ziemlich allein da und muss ein sehr dickes Fell und starkes Rückgrat haben, um für sich und seine Gesundheit den Dialog mit Entscheidern zu diesen Themen in Fachabteilungen oder mit der Personalabteilung zu führen, um die Arbeitsplatzanpassungen zu erhalten, die es überhaupt erst möglich machen, für den Arbeitgeber die volle Leistung zu bringen.
Das hat mich selber zu oft viel Kraft gekostet. Und genau das ist einer, wenn nicht der Grund, warum ich mich für dieses Thema so sehr engagiere:
Mein Wunsch ist, dass in 5 Jahren ADHS im Erwachsenenalter bekannt ist bei Arbeitgebern, vor allem in meiner FMCG Branche. Und ich wünsche mir, dass Betroffene dann schon viel häufiger auf Personalabteilungen und Führungskräfte treffen, die sie nicht als egozentrisch oder querulantisch ansehen, sondern wertschätzend mit ihrem offenen Umgang mit ihrer ADHS umgehen, und die bereit sind, ihnen die Arbeitsplatzanpassungen zu ermöglichen die sie gesundheitlich wirklich brauchen.
Das wäre gelebte Inklusion für mich anstelle mit dickem Fell für seine Gesundheit einstehen zu müssen, oder aus Angst vor Stigmatisierung seine ADHS gar nicht erst publik zu machen.
Wie empfindest Du das Thema Diversität und Inklusion für Dich persönlich in Deinem Arbeitsleben? Läuft aus Deiner Sicht bei Dir alles rund oder ist noch Luft nach oben? Schreib mir sehr gerne wie es Dir persönlich ergeht, wenn Du möchtest. Das interessiert mich sehr.
Gerne bin ich auch offen für Kooperationen, um gemeinsam mehr Bewusstsein für dieses Thema bei Arbeitgebern zu schaffen. Spannend und bereichernd fände ich es zum Beispiel, Interviews mit ADHSlern aus der Wirtschaft zu ihren Erfahrungen in ihrem Arbeitsleben mit ihrer ADHS zu führen und diese hier regelmäßig zu teilen – wenn gewünscht natürlich absolut anonym.
Wir könnten so erfolgreiche Strategien im Arbeitsleben untereinander austauschen, und auch bei neurotypischen Lesern so mehr Awareness und vor allem Verständnis dafür schaffen, wie wir arbeiten und welche Arbeitsumgebung uns gut tut. Denn letztere ist für jeden Betroffenen individuell ganz verschieden.
Nutze bei Interesse sehr gerne mein Kontaktformular auf www.tapetenwechsel.me. Ich freue mich über Deine Nachricht, den Austausch und Ideen wie wir uns gemeinsam als Betroffene neben unserem Hauptjob für mehr Awarenss für ADHS im Arbeitsleben engagieren können.
Was kannst Du selbstwirksam für Dich tun mit Deiner ADHS im Berufsleben?
Ich hoffe, Du hast in diesem Artikel einen guten Eindruck von Diversität und Inklusion für ADHS im Berufsleben erhalten und auch eine Idee, warum eine selbständige Tätigkeit für ADHSler ebenfalls eine klasse Arbeitsumgebung sein kann, um sich und ihre Stärken zu entfalten, insofern sie für ihre Geschäftsidee brennen.
Wenn Du langfristig selbstwirksam Deine Symptomatik lindern möchtest, abonniere doch gerne meinen Newsletter für regelmäßige Artikel und Impulse zu Selbst- und Stressmanagement bei ADHS im Erwachsenenalter. Oder gönn Dir Deinen ganz individuellen ADHS Sebstcoaching Prozess mit meinem neuen Buch, das im Juni für 19,99 Euro im Springer Verlag erschienen ist:
Es ist gedacht als Dein ganz persönlicher Step-by-Step Guide für achtsames Selbst- und Stressmanagement mit Deiner ADHS. Es gibt Dir auch hilfreiche Life Hacks zur Selbstorganisation im Berufsleben. Auch wenn Du Dich umorientieren möchtest, weil Du keine Perspektive siehst, dass Deine aktuelle Arbeitsumgebung zeitnah Deinen Bedürfnissen entsprechend angepasst wird, kann der Selbstcoaching-Prozess im Buch Dir auf erschwingliche Art helfen, Dich neu zu orientieren – in Richtung einer Arbeitsumgebung, die wertschätzend mit Deiner ADHS umgeht: Love it. Change it. Or leave it.
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Hier gelangst Du zur Leseprobe und kaufen kannst Du das Buch bei Amazon oder bei einem Buchhänder Deiner Wahl unter der ISBN-10 Nr 3658431148.
Höre auch sehr gern in die Podcastfolge herein von Kathryn Rohweder’s „ADHS Perspektiven“. Ich spreche hier mit ihr über mein Buch, und darüber was ein bedürfnisorientiertes Stress- und Selbstmanagement bei ADHS im Erwachsenenalter bringt und wie man genau darin ganz selbstwirksam richtig gut werden kann.
Gerne unterstütze ich Dich auch ergänzend mit 1:1 (online) Coaching Sitzungen. Kontaktiere mich sehr gern dazu. Denn manchmal hat man einfach blinde Flecke für sich, für die es sinnvoll ist, dass einem jemand „beim Ausleuchten“ hilft.
Auch Arbeitgeber, die betroffene Führungskräfte oder Mitarbeiter mit ADHS mit gezielten Coachings unterstützen möchten, können sehr gerne auf mich zukommen bzw. mich für Vorträge buchen. Ich unterstütze sehr gern!
Herzlichst
Marion Dahlhoff
Literatur
Aldi Süd (2024). GEMEINSAM FÜR DIVERSITÄT UND CHANCENGLEICHHEIT: ALDI SÜD MIT MARS BEIM ERSTEN DE&I SUMMIT FÜR INDUSTRIE UND HANDEL. https://www.aldi-sued.de/de/newsroom/alle-pressemitteilungen/unternehmen/2024/gemeinsam-fuer-diversitaet-und-chancengleichheit-aldi-sued-mit-mars-beim-ersten-de-i-summit-fuer-industrie-und-handel.html. Zugegriffen 12.10.2024.
Akin, T. (2021). Warum auch dein Unternehmen über Neurodiversität nachdenken sollte. https://flowedoo.de/warum-auch-dein-unternehmen-ueber-neurodiversitaet-nachdenken-sollte/. Zugegriffen: 16.04.2022.
Dahlhoff, M. (2024). Tapetenwechsel für die Seele. Ihr Selbstcoaching für Stress- und Selbstmanagement bei ADHS im Erwachsenenalter. Wiesbaden.
Gelowicz, S. (2022). ADHS IM JOB. Es gibt viele ADHSler, die in Hochleistungsjobs arbeiten. https://www.wiwo.de/erfolg/beruf/adhs-im-job-es-gibt-viele-adhsler-die-in-hochleistungsjobs-arbeiten/28681222.html. 28681222.html. Zugegriffen: 25.06.2023.
Hatak, I., Chang, M., Harms, R., Wiklund, J. (2021). ADHD Symptoms, Entrepreneurial Passion, and Entrepreneurial Performance. https://www.alexandria.unisg.ch/260866/. Zugegriffen: 16.04.2022.
Hoffmeyer, M. (2021). Viele haben große Selbstzweifel, auch wenn sie äußerlich selbstsicher wirken. https://www.sueddeutsche.de/karriere/adhs-beruf-jobsuche-1.5366828. Zugegriffen: 31.10.2021.
manager magazin (2020). Personalauswahl. Anders, aber besser. https://www.manager-magazin.de/harvard/fuehrung/recruiting-warum-sie-menschen-eine-chance-geben-sollten-a-00000000-0002-0001-0000-000153044437. Zugegriffen: 31.10.2021.
Neuy-Bartmann, A. (2019). ADHS – Erfolgreiche Strategien für Erwachsene und Kinder. Stuttgart. Klett-Cotta.
Ratgeber ADHS – das Infoportal für Erwachsene mit ADHS (o. J.a.). ADHS: DIE RICHTIGE BERUFSWAHL. https://www.adhs-ratgeber-eltern.com/adhs-richtige-berufswahl.html. Zugegriffen: 24.10.2021.
Vattenfall GmbH (o. J.a.). Vielfalt und Inklusion. https://careers.vattenfall.com/de/de/bei-uns-arbeiten/vielfalt-und-inklusion. Zugegriffen: 18.06.2023.
Wiklund, J., Patzelt, H., Dimov, D. (2016). Entrepreneurship and psychological disorders: How ADHD can be productively harnessed. Journal of Business Venturing Insights 6.
Workwise GmbH (2021). Neurodiversität & Autismus in Unternehmen. https://hire.workwise.io/hr-praxis/organisationsentwicklung/neurodiversitaet#interview. Zugegriffen: 16.04.2022.